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Höfische Kultur lesbar machen

Ein Lehrprojekt der Philipps-Universität Marburg

Alissa Theiß

19 März, 2019

Deutschland, Marburg

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This article is originally written in English and automatically translated by DeepL AI.

Die höfische Kultur des Mittelalters ist ohne ihre Objekte nicht denkbar. Die aristokratische Gesellschaft des Mittelalters definierte sich über ihre materielle Kultur, die in der höfischen Literatur trefflich beschrieben wurde. In manchen Epen wurden die Gegenstände sogar zu Protagonisten der Geschichte. Doch wie nähert man sich einem so facettenreichen Gebiet der mittelalterlichen Literatur? Als Dozentin für deutsche Literatur des Mittelalters an der Universität Marburg (mit einem Magisterabschluss in Archäologie) war für mich klar, dass der Umgang mit Objekten der Schlüssel zum Verständnis der mittelhochdeutschen Literatur sein würde!

Die Marburger Universitätssammlungen bieten hervorragende Bedingungen für die Arbeit mit historischen Objekten, was mich veranlasst hat, das Lehrprojekt "Höfische Kultur lesbar machen" zu entwickeln. Das Projekt lief im Wintersemester 2017/18 und im Sommersemester 2018 am Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters an der Philipps-Universität Marburg. Finanziert wurde das Lehrprojekt durch den Ideenwettbewerb Lehre@Philipp an der Universität Marburg, gefördert durch das Bund-Länder-Programm "Qualitätspakt Lehre". Im November 2017 wurde das Projekt mit dem Methodenpreis des Ideenwettbewerbs für innovative Lehre an der Universität Marburg ausgezeichnet. Obwohl das Projekt nur ein Jahr lief, wurden die verwendeten Methoden später fester Bestandteil des Curriculums. Seitdem haben die Universitätssammlungen Einzug in die akademische Lehre der mittelalterlichen deutschen Literatur gefunden.

Wovon handelte das Projekt?

"Höfische Kultur lesbar machen" machte mittelalterliche Literatur durch die Universitätssammlungen lebendig. Studierende aus Bachelor-, Master- und Lehramtsstudiengängen (überwiegend drittes bis sechstes Semester) beschäftigten sich mit Objekten aus der archäologischen Lehrsammlung, wertvollen mittelalterlichen Objekten aus dem Museum für Kunst und Kulturgeschichte und mittelalterlichen Handschriften aus den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek. Ziel des Projekts war es, die Erkenntnisse für die breite Öffentlichkeit aufzubereiten und zu vermitteln. Dabei wurden nicht nur die Kompetenzen der Kulturvermittlung, der Wissenschaftskommunikation und der Öffentlichkeitsarbeit geschult, sondern auch andere berufliche Fähigkeiten, die die angehenden Germanisten und Deutschlehrer benötigen.

Selbst forschen und Wissen teilen: das macht Spaß und motiviert!

Praktisches und objektbezogenes Arbeiten vermittelte Schlüsselkompetenzen. Der Leitgedanke des forschenden Lernens sicherte den Teilnehmern den nötigen wissenschaftlichen Freiraum für ihre individuelle Entwicklung. Ziele des Projekts waren der selbstbestimmte Erwerb von Fachwissen über mittelalterliche Literatur und Kultur sowie die Entwicklung von Vermittlungskompetenzen. Bei der Evaluation des Kurses am Ende des Projekts lobten die Studierenden vor allem die praktische und kreative Ausrichtung.

Struktur des Seminars und Teilnahme

Die Studenten konnten wählen, ob sie an einem oder beiden Semestern des Projekts teilnehmen wollten. Die erste Phase des Projekts war ein echter Erfolg - die verfügbaren 20 Plätze waren schnell vergeben und 17 Personen mussten auf der Warteliste verbleiben -, so dass ich das Seminar umstrukturierte, um im folgenden Semester 40 Studenten aufzunehmen. Das bedeutete zwar, dass das Seminar nun aus zwei Gruppen bestand, aber einige Sitzungen fanden mit der gesamten Gruppe statt, für praktische Workshops zur Museumsvermittlung, Vorträge von externen Referenten und für die für alle spannende Präsentation der Projektergebnisse.

Die Plenarsitzungen fanden in der Regel als vierstündiger Block statt, was einige Teilnehmer als anstrengend und zu lang empfanden - doch die Planung eines wirklich freien Formats war nicht mit dem strukturierten akademischen Stundenplan vereinbar. Daher möchte ich für ein zukünftiges Lehrprojekt die Form einer Summer School ausprobieren - ein Format, das zum Beispiel an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erfolgreich umgesetzt wird.

Neue Dimensionen für die Wertschätzung mittelalterlicher Literatur: das hessisch-thüringische Wappen

Ein überzeugendes Beispiel für unseren Ansatz ist eine Strophe aus dem mittelhochdeutschen "Liet von Troie", einem Versepos, das Herbort von Fritzlar in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfasste.

Die folgende Stelle spielt kurz vor der ersten Schlacht in Troja. Der griechische Held Herkules reitet mit seinem Heer vor die Burg der Trojaner. König Laomedon beobachtet die Szene von den Zinnen seiner Burg aus. Aufgrund des Wappens, das auf dem Schild, den Herkules trägt, abgebildet ist, erkennt Laomedon, dass sie Feinde sind. Der mittelhochdeutsche Text lautet:

Der künic kâm ouch zuo gewer,
dô sach er under dem hêr
oben von der mûre
einen schilt von lâsûre,
dâr inne einen lewen glîzen
von rôten und von wîzzen.
(Verse 1325-1330)

Bei dem hier beschriebenen Objekt handelt es sich um einen blauen Schild mit einem rot-weiß gestreiften Löwen, in der Heraldik azurblauer Löwenwappen von argent und gules. Es gibt Aufschluss über das Werk des Dichters, denn es beschreibt das Wappen der hessisch-thüringischen Landgrafen. Tatsächlich gibt Herbort im Prolog an, das "Liet von Troie" im Auftrag des Landgrafen Hermann von Thüringen geschrieben zu haben.

Das Universitätsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Marburg beherbergt die älteste und größte Sammlung mittelalterlicher Reiterschilde (insgesamt 16). Darunter ist auch der Schild Konrads von Thüringen, des jüngsten Sohnes von Landgraf Hermann, für den Herbort das "Liet von Troje" schrieb. Der eigentliche Schild, der aus der Zeit vor 1240 stammt, sieht genauso aus, wie der Dichter ihn beschreibt.

Schild des Landgrafen Konrad von Thüringen, um 1230/1240, 88 x 72,5 cm, Marburg, Universitätsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inventar-Nr. 3177, online über Bildindex für Kunst und Architektur © Bildarchiv Foto Marburg / Foto: anonym; Datum: 1991.

Meine Eindrücke als Hochschullehrer

Die Verknüpfung eines Textes mit einem realen Objekt eröffnet neue Möglichkeiten, mittelalterliche Literatur zu verstehen. Die Ergebnisse des Projekts sind bezeichnend: Das Engagement und das Interesse der Teilnehmer haben meine Erwartungen weit übertroffen. Über die gewonnenen Erkenntnisse zu einzelnen Objekten und deren Funktion in der höfischen Kultur und Literatur hinaus haben die Studierenden ganze Museumskonzepte erarbeitet, von der Gestaltung von Museumstafeln bis hin zu interaktiven virtuellen Ausstellungen.

Die Perspektive der Studierenden

Nun lassen Sie uns hören, was die Studierenden zu sagen haben! Swantje Bassin, Anna-Lisa Meil und Caroline Schneider waren Studentinnen im dritten und vierten Semester des Bachelorstudiengangs "Deutsche Sprache und Literatur", als sie an dem Projekt teilnahmen.

Caroline Schneider: Im theorielastigen Studium fehlt die praktische Erfahrung. Man kann sich in Texten und Büchern verlieren und verpasst die Realität des wissenschaftlichen Arbeitens. Bei der Auswahl des Seminars erwartete ich eine neue praxisorientierte Form des Studiums, die klassische akademische Forschung mit journalistischer Arbeit und der Nähe zu greifbaren Objekten verknüpft. Die Zusammenarbeit mit dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte gab dem Seminar eine neue Perspektive und Relevanz. Das Seminar erbrachte Ergebnisse, die nicht auf der Festplatte eines Computers vergessen werden sollen, sondern tatsächlich weiterverwendet werden können. Während des Projekts stellte sich die Frage: Wie kann man Informationen so aufbereiten, dass sie ansprechend und verständlich sind, aber trotzdem einen hohen Qualitätsstandard beibehalten? Das zwang mich, über meinen Lehrplan hinaus zu denken und konfrontierte mich mit Fragen, die mir in meinem zukünftigen Berufsleben begegnen könnten.

Das Lehrprojekt machte universitäres und wissenschaftliches Arbeiten nicht nur konkret, sondern auch erlebbar. Für mich war es besonders lehrreich, weil es eine Brücke zwischen mittelhochdeutscher Romantik und mittelalterlicher Geschichte schlug.

Swantje Bassin: "'Höfische Kultur', was ist das eigentlich?" fragte ich mich zu Beginn des Seminars. Vielleicht etwas über das Mittelalter und seine Kultur. Es wurde klar, dass höfische Kultur und Literatur am besten durch ihre zeitgenössischen Objekte zu verstehen sind. Das praxisorientierte Projekt gab uns einen Einblick in verschiedene Bereiche: Museumsdesign und -pädagogik, Geschichte, Kunst und natürlich Literatur. Ich bin ohne klare Erwartungen, aber mit großer Neugierde in den Kurs gegangen. Ohne es zu merken, habe ich im Laufe des Seminars ein breites Spektrum an Wissen und Fähigkeiten erworben. Die Teilnahme an diesem Seminar setzt ein gewisses Maß an Vertrautheit mit Literaturrecherche, mittelhochdeutscher Sprache und Literatur voraus - Kompetenzen, die man im dritten Semester seines Studiums erworben haben sollte, weshalb sich der Zeitpunkt des Projekts im Rahmen des allgemeinen Lehrplans richtig anfühlte. Außerdem hat es mir die Augen für die verschiedenen Museumsobjekte geöffnet: Jedes Exponat hat eine eigene Herkunft und Geschichte, keins gleicht dem anderen.

Anna-Lisa Meil: Auch den Zeitpunkt des Seminars fand ich passend. Wir haben zu Beginn des Seminars eine theoretische Grundlage gelegt, die uns später geholfen hat, unsere Ideen in die Praxis umzusetzen und die uns ein besseres Verständnis für die historischen Zusammenhänge ermöglicht hat. Studierende brauchen mehr Seminare wie dieses, die einen Einblick in die Praxis bieten.

Das Engagement für das Projekt hat in beiden Semestern nie nachgelassen. Im ersten Semester bot die Produktion einer Ausstellungstafel und eines Audioguides zur höfischen Kultur weit mehr als die übliche Prüfung am Ende eines Semesters. Vielmehr diente es als Grundlage für den folgenden Kurs und zeugte von der Entwicklung und Verbesserung des Projekts Höfische Kultur. Dieses Seminar hebt sich deutlich vom restlichen Lehrplan ab, denn es lehrte uns, wie man Museumstafeln, Audioguides, Texte, Corporate Designs und andere Projekte in einer solchen Qualität entwickelt, dass sie in einem Museum eingesetzt werden können. Die Fülle der Ideen, die bei diesem Projekt entstanden sind, zeigt, wie kreativ "learning by doing" sein kann. Mehrere Kommilitonen fragen sich, wie das Projekt weitergeführt wird und ob das Seminar in Zukunft wieder angeboten wird.

Alissa Theiß

Germany

From April 2011 to March 2019, Alissa Theiß was a research assistant at the Institute for Medieval German Philology at the Philipps University of Marburg. Since April 2019 she has been Collection Officer at the Justus Liebig University Giessen.

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