Auseinandersetzung mit Textilien aus der Sammlung Textile Alltagskultur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Carolin Krämer
06 August, 2024
Deutschland, Oldenburg
This article is originally written in English and automatically translated by DeepL AI.
Die Sammlung Textile Alltagskultur (Sammlung Textile Alltagskultur, STAK) ist Teil des Instituts für Materielle Kultur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die ehemalige Kuratorin Carolin Krämer reflektiert über die Sammlung und ihre Nutzung in der Lehre.
Eine Sammlung, unendlich viele Themen
Aus meinen Jahren als Kuratorin des STAK ist mir eine Begegnung besonders in Erinnerung geblieben. Bei dieser Begegnung ging es um ein orangefarbenes Minikleid aus den 1960er Jahren, eine achtzigjährige Künstlerin, eine Studentin im fünften Semester und mich im Hintergrund, der mal lachend, mal beschwichtigend in die Diskussion eingriff. Es wurde hitzig und laut, denn das Thema war emotional aufgeladen. Es ging um Hochzeiten, genauer gesagt um die Frage, wie man das "richtige" Kleid auswählt. Eine der Frauen hatte in den 1960er Jahren in dem erwähnten bunten Minikleid vor dem Standesbeamten gestanden, die andere stellte sich ihre bevorstehende Hochzeit als Traum in Weiß vor, mit Kirche und Pferdekutsche. Da waren wir schon beim Kern des Themas: Frauenbild, Gleichberechtigung, Sexualisierung, Religion und zwei Frauen, die ihre Werte verteidigen. Schnell schlossen sich andere Studenten und Kollegen an und weitere Objekte wurden aus den Sammlungsregalen geholt.
Diese Szene zeigt, wie die Nähe einer Sammlung zum Alltag sie attraktiv macht und biografische Bezugspunkte bietet. Sie zeigt aber auch, wie schwierig es ist, Diskussionen und Emotionen so zu gestalten, dass sie durch methodische Schulung und Reflexion wissenschaftlich relevant werden.
Gestaltung der Sammlung
Die STAK-Sammlung umfasst insgesamt rund 5000 Objekte - textile Gegenstände, Schriften und Färbedrogen, die meisten davon aus dem 20. und 21. Jahrhundert (Krämer 2020). Das Herzstück der Sammlung ist die Abteilung "Kleider und Geschichten". Ihr ethnografisches Konzept ist in Deutschland einmalig, da Kleidung üblicherweise nach designgeschichtlichen oder regional- und militärgeschichtlichen Aspekten gesammelt wird. Stattdessen konzentriert sich die Sammlung auf die individuelle Bedeutung der textilen Objekte, auf subjektive Theorien über Kleidung und Praktiken rund um sie. Die Definition von Kleidung wird in Anlehnung an den Kleidungsbegriff von Joanne B. Eicher und Mary Ellen Roach-Higgins erweitert, die sie als eine "Assemblage von Modifikationen des Körpers und/oder Ergänzungen zum Körper" definieren (Eicher/Roach-Higgins 1992, S. 15). Dies eröffnet die Möglichkeit, Parfums, Kosmetika, Körperschmuck und Ähnliches zu sammeln. Darüber hinaus werden auch kontextuelle Materialien wie Fotos, auf denen die Kleidung getragen wird, Schnittmuster, körperformende Elemente - wie Schulterpolster oder Mieder - gesammelt. Die Objekte veranschaulichen nicht nur (textile) Systeme, sie sind auch Zeugnisse der Kultur-, Design- und Handelsgeschichte. Daher werden sie nur gesammelt, wenn ihre Herkunft nachvollziehbar ist.
Einbindung der Sammlung in die universitäre Lehre
Über den konservatorischen Zweck hinaus hat die Sammlung ein klares Ziel für Forschung und Lehre: die Vermittlung des Potenzials der materiellen Kultur im Rahmen der universitären Lehre. Studierende haben die Möglichkeit, die haptischen, optischen, akustischen und olfaktorischen Eigenschaften von textilen Objekten zu erleben. Darüber hinaus können die Studierenden wissenschaftliches Arbeiten an Objekten erproben und Forschungskompetenzen entwickeln, die in der Kulturgeschichte, Ästhetik und Methodik von Nutzen sind. Insbesondere werden wesentliche Fähigkeiten und Kenntnisse zum Beschreiben, Erforschen, Freilegen, Vermitteln, Konservieren und Digitalisieren von Objekten entwickelt.
Objekte aus der Sammlung werden gelegentlich in einzelnen Sitzungen verschiedener Lehrveranstaltungen, aber auch für ganze Seminare mit Sammlungsschwerpunkt eingesetzt. In letzteren wählen die Studierenden zu Beginn des Semesters ein bestimmtes Objekt aus der Sammlung aus. In den folgenden Wochen lernen sie, es richtig zu beschreiben, digital zu inventarisieren und durch teilnehmende Beobachtungen und qualitative Interviews mit ehemaligen Nutzern zu kontextualisieren. Die Studierenden unterstützen sich gegenseitig durch die Entwicklung von Interviewleitfäden und durch Supervisionsformate in den Kodier- und Analysephasen des Projekts. Die Ergebnisse zu einem Objekt werden in einem "Forschungsbericht" zusammengefasst und als Portfolio benotet. Außerdem präsentieren die Studierenden ihre Ergebnisse auf dem Flur des Instituts.
In unserem Seminar wurde das orangefarbene Minikleid unter dem Blickwinkel seiner ehemaligen Funktion als Hochzeitskleid betrachtet. Es hätte aber auch Teil eines Workshops zur präventiven Konservierung sein können, als Negativbeispiel für Zersetzungserscheinungen von Kunstfasern. Oder es könnte aber auch ein Exponat einer von Studenten konzipierten Schau über die Mode des Jahres 1967 im Schlaues Haus Oldenburg gewesen sein. Das hängt im Wesentlichen von den Schülern ab. Unser Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, den Zugang zu den Objekten nach ihren eigenen Interessen zu wählen.
Eine neue Ausbildung zur kuratorischen Praxis universitärer Sammlungen
Über die fachspezifische Nutzung unserer Sammlung hinaus hat die Universität seit 2017 eine Vielzahl fakultätsübergreifender Angebote zur Auseinandersetzung mit den universitären Sammlungen entwickelt - geboren aus der Gründung einer Arbeitsgruppe Kuration an der Universität Oldenburg. Das Institut für Materielle Kultur und das Institut für Biologie und Umweltwissenschaften haben gemeinsam den Kern eines Zertifikatsprogramms für Studierende gestaltet: ein Seminar zur Geschichte der Universitätssammlungen und ihrem Potenzial für Lehre und Forschung, das von beiden Instituten im Tandem angeboten wird, sowie eine interdisziplinäre und überregionale Ringvorlesung zu Themen wie Provenienzforschung oder partizipative Vermittlungsansätze zu Universitätssammlungen. Von den Absolventen des Zertifikats gibt es bisher nur positive Rückmeldungen. Sie berichten, dass die Lehrveranstaltungen das eigene Studium bereichern und auch bei potenziellen Arbeitgebern in Bewerbungsverfahren sehr gut ankommen.
Seit 2021 bietet zudem ein Online-Kurs "Von Dingen lernen" den Studierenden einen kompakten Einstieg in die Thematik und informiert sie über Möglichkeiten der Arbeit mit den Universitätssammlungen.
Das reiche Potenzial der Arbeit mit Alltagstextilien
Nicht zuletzt wegen ihrer emotionalen Aufladung hat die STAK-Sammlung viel zu bieten. Zu den Potenzialen gehören:
die visuelle Attraktivität der Sammlungsobjekte,
die Zugänglichkeit und Bindekraft der Objekte in Lehre und Wissensvermittlung,
die Aktivierung von Alltagswissen und die Nutzung alternativer Wissensformen und Lehr-/Lernformate im Umgang mit den Objekten (Praxeologie, Performance, experimentelle Archäologie, Laborexperimente etc.),
die gute Verknüpfbarkeit mit Citizen Science-Projekten,
und der Anreiz, eigene Vorurteile zu Kleidung und Körperbildern zu reflektieren.
Neben der notwendigen Vermittlung von Inhalten und Methoden bedarf es offener, assoziativer oder auch ästhetisch orientierter Zugänge zu den Objekten, damit die Sammlungen ihr Potenzial voll entfalten können. Ein Freitext über den imaginären Vorbesitzer eines Objekts sagt beispielsweise ebenso viel über textile Vorverständnisse aus wie ein fiktives Online-Dating-Profil für einen Herrenschuh. Stationsarbeiten, die (kostümgeschichtliche) Literatur und Zeitschriften, aber auch Materialien zum Zeichnen, Modellieren oder zur Herstellung von Toncollagen anbieten, können den Blick auf das Objekt und die eigene Annäherung an das Feld erweitern. Die Ausstattung des Instituts mit Werkstätten und Laboren ist dabei äußerst wertvoll, ebenso wie die flexible und anpassungsfähige Berücksichtigung kuratorischer und didaktischer Interessen.
Carolin Krämer
Germany
Dr Carolin Krämer was a research assistant at the Institute for Material Culture at the Carl von Ossietzky University of Oldenburg from 2012 to 2022. She studied Art History, History and Museum Studies in Halle (Saale) and Oldenburg and currently works as a scientific advisor for education and mediation at the LWL Museum Glashütte Gernheim.